Drumladen Quick-Tipp 4, Part II

Nachdem es im ersten Teil vorwiegend um Snare und Bass Drum ging, wenden wir uns in diesem Abschnitt den allgemeineren Aspekten des "vorbereitet seins" zu.

Wir haben bei uns im Drumladen in den vergangenen Jahren zahlreiche hochkarätige Schlagwerker im Rahmen von Clinics und Workshops zu Gast gehabt. Wenn es einen universellen Ratschlag gibt, der unsisono von allen Profi-Drummern gegeben wird, dann ist es folgender: "Sei pünktlich, sei vorbereitet, sei freundlich!" Okay, das sind drei Ratschläge, die aber miteinander verbunden sind und garnicht genug betont werden können. Herumschleimen und sich anbiedern ist damit natürlich nicht gemeint, aber niemand ist eine Insel, wie es so schön heisst. Ein Mindestmaß an "social skill" ist also durchaus hilfreich.

Beispiel: Du hast einen Gig bei dem ggf. mehrere Bands auftreten und während Deiner Performance knickt der Snareständer ein, die Kette vom Pedal reisst oder der Hocker kollabiert. Wie wahrscheinlich ist es, dass anwesende Kollegen kurzfristig mit ihrem Equipment aushelfen oder anderweitig in die Bresche springen, wenn man sich ihnen gegenüber im Vorfeld wie das sprichwörtliche A****loch verhalten hat? Ganz großes "Damentennis" ist auch folgende Verhaltensweise: Dem Techniker/Mischer zu einem Hörsturz verhelfen in dem man bereits, während er noch das Set mikrofoniert, beherzt in die Kessel drischt und anschliessend beim Soundcheck munter drauf los soliert. Zwischendurch noch ein unfreundliches "Ey, mach mal meinen Monitor lauter!" und Du hast garantiert einen unvergesslichen Gig, bei dem das Schlagzeug (oder sogar die gesamte Band) schlimmer klingt als Madonna ohne Auto-Tune. Noch etwas. Der verschnupften Gastsängerin auf ihre Bitte nach einem "Tempo" einfach 100 BPM vorzuschnippen statt ihr ein Taschentuch zu reichen ist fraglos witzig, aber den Gag sollte man nicht überstrapazieren. *g* Ich habe in den vergangenen knapp 40 Jahren im Rahmen von Auftritten oder einfach generell im Zusammenhang mit Bands und den direkt oder indirekt beteiligten Menschen die wahnwitzigsten Situationen erlebt, positiv wie negativ. Damit es nicht zu sehr ausufert hier nur einige kleinere Erlebnisse, Observationen und Anekdoten.

Ausdruckstänzer! Wer kennt sie nicht diese freundliche Spezies, welche durch mancherlei Substanzen beseelt und meist zu vorgerückter Stunde ihre mitgeführten Kleinkinder auf dem Bühnenrand parkt, um alsdann mit ausgebreiteten Augen und geschlossenen Armen (o.ä), nicht mit der dargebotenen Musik in zusammenhang bringbare, Tänzchen aufzuführen. Man bricht sich wahrlich keinen Zacken aus der Krone, wenn man diese zumeist harmlosen Geschöpfe in Ermangelung anwesender Ordner (nicht die von Leitz) auf die Gefahren ihres Handelns für besagte Kinder aufmerksam macht. Um ausufernden und unfruchtbaren Diskussionen aus dem Wege zu gehen, habe ich in solchen Situationen nicht langatmig auf fehlenden Gehörschutz, Jugendschutz und die Tatsache, dass eine Bühne keine Kita sei hingewiesen. Nein, der entscheinde Satz war stets: "Da sind Pyros auf der Bühne am Start!" Zugegeben eine dreiste Notlüge (in den allermeisten Fällen), aber das Problem war ohne ein böses Wort gelöst und kein Kind wurde verletzt.

Schlagzeug-Sharing! Ein durchaus zweischneidiges Schwert. Speziell für die Technik und den Veranstalter ist es fraglos bequemer, wenn am Abend mehrere Bands in eng getakteter Folge auftreten, diese über das selbe Schlagzeug spielen zu lassen. Ich bin absolut kein Freund dieser Vorgehensweise, aber wenn es sich absolut nicht vermeiden lässt, dann war ich der Bereitstellung meines Schlagzeugs nicht abgeneigt. Einerseits konnte ich so auf mir vertrautem, zuverlässigem und meiner Klangvorstellung entsprechendem Equipment spielen und es war eine Zeit lang durchaus Usus, der Band die das Schlagzeug stellt dafür wenigstens den Wunschplatz im Line-Up zuzusprechen. Dem aktuellen "Neusprech" zufolge eine sogenannte Win-Win Situation. Sich im Vorfeld mit den anderen beteiligten Drummern genauestens abzusprechen ist fraglos unerlässlich. Es gehört natürlich zum guten Ton zumindest seine eigenen Becken, Snare Drum, Sticks und ggf. sogar BD-Pedal mitzubringen. Ebenso gebietet es der Anstand den klassischen Hagelschaden auf Fremdtrommeln zu vermeiden, respektive diesen zumindest finanziell zu entschädigen. Auch sollte man selbstgefertigte grün angemalte Sticks mit Gaffer-Tape-Umwicklung ggf. lieber Daheim lassen. Nicht wenige Schlagzeuger sind der Ästhetik nachkolorierter Becken und Felle eher abgeneigt. Alles in allem habe ich in punkto Drum-Sharing fast nur positive Erfahrungen in Erinnerung. Das eine oder andere Kompliment für ein toll gestimmtes Set kann einem durchaus den Tag versüßen und die Gelegenheit sein eigenes Schlagzeug voll mikrofoniert aus der Publikumsperspektive hören zu können ist auch nich alltäglich. Das jahrelang vom Munde abgesparte Traum-Set mit Torfmull-Broccoli-Hybrid Kesseln und mundgeblasenen Spannreifen aus Murano-Glas sollte man freilich für derlei Lustbarkeiten im heimischen, klimatisierten, Video überwachten und ausbruchsicheren Maisonette-Proberaum-Studio stehen lassen, es sei denn ein gewisser Verschleiss und Abnutzung sind einem egal.

Okay, genug von dem zwischenmenschlichen Firlefanz. ;-) Hier noch einige wirklich wichtige Hilfsmittel:

Es ist fraglos Open-Air/Stadtfest-Saison und so ein Sommergewitter mit Niederschlägen in diversen Aggregatzuständen kann einem buchstäblich den Gig verhageln. So geschehen vor etlichen Jahren in Dresden, oder war es Karl-Murks-Stadt, sorry Chemnitz? Egal, jedenfalls haben wir bei schönstem Sommerwetter und unter strahlend blauem Himmel den Gig begonnen, wurden jedoch gegen Ende des zweiten Sets jäh unterbrochen von einem gar garstigen Hagelsturm. Eine überdachte Bühne nützt nicht wirklich viel wenn der Niederschlag waagerecht von vorne kommt und eine Zunahme derartiger Extrem-Wetterlagen ist zumindest wahrscheinlicher als eine Frauenquote in Männerchören, Kanalreinigung und ähnlichen Branchen. Lösung: Eine Packung Malerfolie Extrastark und etwas Gaffer-Tape vermögen Schlimmeres zu verhindern. Nimmt nicht viel Platz weg und hätte mir damals echt geholfen. Glücklicherweise war der Spuk ebenso schnell vorbei wie er passierte und der folgende Sonnenschein trocknete das Meiste innerhalb kurzer Zeit wieder ab. Nachhaltige Schäden blieben aus. Einige Extra Handtücher, sowie Taschenlampe, feste Schnur, Schneeschuhe und Eispickel und Kompass habe ich seit der Zeit stets im Auto parat.

Sprachen wir bereits über Catering? (Übrigens ein Begriff aus dem frühen Mittelalter. Es bedeutet in etwa "Das was von der Tafeln der Adligen, Reichen und Schönen herabfällt für die Gaukler, Hofnarren, Spielleute und sonstiges Fahrendes Volk) Okay, Merkwürden beliebt zu scherzen. In den allerallermeisten Fällen war das sogenannte Catering immer den Begleitumständen des Auftritts angemessen. Bei hochdotierten Industrie-Jobs in der Regel gut bis sehr gut, auf Stadtfesten und Ähnlichem gab es eben Bons für die umstehenden mobilen Erlebnisgastronomien, sprich Bratwurst. Gefürchtet hingegen waren sogenannte Hochzeits-Gigs. Auch diese will ich nicht alle über einen Kamm scheren, jedoch sind zwei meiner negativsten Erinnerungen bezüglich Catering mit eben solchen verbunden. Wenn man buchstäblich die zusammengekratzten Reste der regulären Hochzeitsgäste kredenzt bekommt, dann kommt man sich wirklich so vor wie die oben scherzhaft genannten Gaukler aus der Feudalzeit. Wie die Geschichte ausging kann ich hier nicht darlegen, vielleicht lesen Zartbesaitete und/oder Minderjährige mit. Jedenfalls kann es nicht schaden sich im Vorfeld die Telefonnummern der örtlichen Lieferdienste ins Telefon zu speichern. Notrationen aus Bundeswehrbeständen wären ebenfalls eine Alternative.

So viel zu den offensichtlichen Selbstverständlichkeiten. Wir halten also fest: In euer "Survival-Kit" gehören, neben handfesten Werkzeugen und Ersatzteilen, unbedingt auch soziale Fertigkeiten, oder wie es u.A. Todd Sucherman und Gregg Bissonette formulierten: "Don´t be a dick!"

Part III folgt in Kürze ;-)

Herzlichen Groove

Henning

 

 

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